Standortentscheidung Zukunft der Bäder: FWV-GR-Fraktion GR-Sitzung, 17.05.2018

Selten haben wir es im GR mit einer solch weitreichenden, nachhaltigen und kostenintensiven Entscheidung zu tun wie heute:

Der „Standortentscheidung Zukunft der Bäder“.

Die Beratungsvorlage dokumentiert sehr anschaulich, mit welchem Aufwand die Verwaltung, der Gemeinderat, bürgerschaftliche Arbeitsteams die heutige Entscheidung vorbereitet haben – und das unter einer selten erlebten breiten Beteiligung der Bürgerschaft. Was uns dabei sehr erfreute und auch bewegte, war die erstaunliche Sachlichkeit, die den bisherigen Prozess auszeichnete, aber auch die hohe Kompetenz, mit der viele Bürgerinnen und Bürger ihre Argumente vortrugen. So waren wir bei der Suche nach einer festen Meinung bezüglich der Standortentscheidung während der letzten Monate mehrfach hin- und hergerissen zwischen den bekannten Alternativen.

Eines möchte ich gleich vorab eingestehen:

Anfänglich sah auch ich einen geeigneten Weg für die Entscheidungsfindung in dem mittlerweile nun von einigen Verfassern von Leserbriefen empfohlenen Bürgerentscheid. – Als ich aber den Prozess der Bürgerbeteiligung, der am 19. April zu einer Empfehlung reifte, noch einmal Revue passieren ließ, erkannte ich darin den weitaus sinnvolleren Weg. Denn so wurden Informationen, Fachgutachten, Argumente ausgetauscht, die den Prozess durch einen bloßen Aufruf zum Bürgerentscheid in dieser Intensität niemals hätten so bereichern und befruchten können.

Dadurch fanden wir für eine Entscheidung letztlich zu den Basisfragen, die wir intensiv in unserer Fraktion diskutiert haben. Diese Fragen und unsere Antworten dazu möchte ich hier gerne verdeutlichen:

1. Welche Qualität von Bädern wollen wir?

Schnell waren wir uns einig: Kein „Fiedlerado“, sondern ein Sport- und Familienbad.

2. Welche Arbeitsaufträge würden wir für eine Architektenentwurfs­planung formulieren?

Sie muss eine nachhaltige Lösung anbieten. Diese soll Synergien, Verbundeffekte, beinhalten im Bereich von Sportangebotsmöglichkeiten, von technischer, räumlicher und personalintensiver Ausstattung. Und sie muss auch für die Zukunft Erweiterungschancen bieten. – Die technische Ausstattung sowie die Gebäude eines Bades mögen vielleicht nach spätestens 50 Jahren erneuert werden müssen. Der Standort wird wohl kaum noch einmal neu gewählt werden können. Wo gäbe es auf der Markung Metzingen dazu noch einen Spielraum? Also ist es besonders heikel, vorausschauend die auch noch in vielen Jahren richtige Entscheidung zu treffen.

3. Welche Bäderform bietet uns aus heutiger Sicht ein optimales Angebot für Synergien?

Ein Kombibad. – Das ist weitgehend Konsens.

4.  Wer würde heute noch den alten Standort in Erwägung ziehen?

….wenn das bestehende und von vielen geliebte Freibad nicht unser von Nostalgie geprägtes Empfinden erobert hätte? Wer würde heute – und um nichts anderes geht es hier – ein neues Frei- oder Kombibad mitten in einem Industrie- bzw. Gewerbegebiet mit beschränktem Entfaltungsraum bauen? Der alte Baumbestand hat verständlicherweise seinen Reiz. Die Einbeziehung von Ermsufer und Ermskanal bleibt ein unerfüllbarer Wunschtraum. Der Kanal ist im Privatbesitz. Er müsste also eingezäunt werden. Der Uferbereich der Erms verlangt einen Gewässerschutz und bringt außerdem für die Bäderaufsicht große Probleme.

5. Wie könnte ein Kombibad im Bongertwasen verkehrstechnisch an die Stadt angebunden werden?

Das bestehende Freibad ist über die Auchtertstraße erreichbar. Warum sollte ein wenige hundert Meter entferntes Kombibad nicht ebenfalls so erreichbar sein? Ein neuer Eingang eines Kombibades auf dem Gelände des jetzigen Freibades soll ja gleichfalls so erreicht werden, nämlich um das gesamte ehemalige Henning-Areal herum in der Paul-Lechler-Straße. Und damit würde sich der Hinweg dorthin ebenfalls um einige hundert Meter verlängern. Der zusätzlichen Belastung des Haugenrains ist mit allen zur Verfügung stehenden verkehrsregulierenden Maßnahmen entgegenzuwirken.

6. Betrachten wir das Thema „Kosten“:

Mittels Fachgutachten kennen wir bereits die Kosten für eine Sanierung unserer bestehenden Bäder. Frau Bürgermeisterin Haberstroh hat sie genannt. Diese Kosten gelten für eine Sanierung mit dem Format „Status quo“. Der GR jedoch ist sich einig, dass „Status quo“ nicht reicht, nicht gewollt wird. Wenn wir schon bauen müssen, wollen wir den Metzingern heute und auch den künftigen Generationen mehr bieten.

Die Mehrkosten sind davon abhängig, welche Ausstattung der Bäder wir uns leisten wollen. Und diese Diskussion muss noch geführt werden. Die Mehrkosten kennt also bisher niemand, und zwar weder für die alten Standorte noch für einen neuen Standort. Eigentlich ist der Versuch, heute Kosten benennen zu wollen bzw. dazu Aussagen zu treffen, ein recht wagemutiges Unterfangen; zumindest aber übersteigt er unsere aktuellen Möglichkeiten, zumal es sich gezeigt hat, dass Sanierungen häufig teurer kamen als ein Neubau.

Was wir jedoch kennen, sind die Bodenwerte, und zwar einmal für die Flächen auf dem Bongertwasen und außerdem für das sich mit hohem Marktwert auszeichnende Areal des bestehenden Freibads mitsamt seinen eventuellen Erweiterungsflächen, die in ihrer Gesamtheit zur Ansiedlung von Gewerbe und Industrie dringend benötigt werden. Daraus lassen sich auf Dauer wiederum Einnahmen generieren und dies ist vielleicht ein Silberstreif am Wunschhorizont bezüglich des heutigen Hallenbades.

7. Was soll aus dem Eduard-Kahl-Bad werden?

Wir waren uns eigentlich darüber einig, dass die angestrebte neue Bäderlösung den Abmangel minimieren soll. – „Aus zwei Bädernmach eins!“ – diese Idee hatte für uns Überzeugungskraft. So tun wir uns äußerst schwer mit dem Punkt 5 des Beschlussvorschlags, der entsprechend der Empfehlung der Konsensus-Konferenz den Erhalt des Hallenbads zukünftig als Lehrschwimmbecken für Schulen und Vereine prüfen lassen will. Wir meinen, eine derartige Lösung widerspricht der so oft schon applaudierten Politikmaxime unseres Oberbürgermeisters: „Keine ungedeckten Schecks!“ ausstellen zu wollen. Konjunktur ist schwankungslabil. Auch in Metzingen gab es schon Haushaltssperre und Notpläne für die Schließung öffentlicher Einrichtungen. Eine zusätzliche Abmangelerzeugung sollten wir vermeiden.

Jedoch, auch wir sind dafür, dem Gebäude des Hallenbads eine neue Nutzung zuzuweisen. Der Prüfauftrag sollte neben der möglichen Nutzung als Lehrschwimmbecken eine eventuelle Nutzungserweiterung für ein physiotherapeutisches Bäderangebot beinhalten. Mit Hilfe der Metzinger physiotherapeutischen Praxen könnte dieser Weg vielleicht eine Wirtschaftlichkeit versprechen, den Abmangel verringern und gleichzeitig einer steigenden Nachfrage in diesem Angebotsbereich auch in unserer Stadt entgegen kommen.

Antrag

Wir stellen daher den Antrag, die Möglichkeit einer Weiternutzung des Hallenbades auch als physiotherapeutisches Bäderangebot in den Prüfauftrag aufzunehmen und dazu für den Gemeinderat eine Beratungsvorlage zu erarbeiten.

8. Zusammenfassend meinen wir: Heute geht es um den Standort! – Morgen um das „Wie“ und um die Kosten.

– Der Bongertwasen ist seit Jahrzehnten, ja seit derÄra Eduard Kahl, als Sport- und Freizeitzentrum ausgewiesen. Ein schönerer Platz für ein neues Freizeit- und Familienbad lässt sich in Metzingen kaum mehr finden. Die Aussicht ist traumhaft, die Seele kann man baumeln lassen. Die Bäume werden auch dort wachsen, alt werden und Schatten spenden. Unser Beschluss heute gilt auch den kommenden Generationen. Unsere Entscheidung gilt der Zukunft, nicht der Vergangenheit. Wir sind die Mittler.

Die Fraktion der Freien Wählervereinigung, dies erkläre ich auch für unseren Kollegen Stefan Köhler, der heute leider nicht an der Sitzung teilnehmen kann, votiert einstimmig für ein Freizeit- und Familienbad als Kombibad auf dem Bongertwasen.

Peter Rogosch, Fraktionsvorsitzender FWV-Fraktion Gemeinderat Metzingen | 17.05.2018
(es gilt das gesprochene Wort)